Dr. Daniela Engelhard

Leiterin der Abteilung Seelsorge im Bischöfl. Generalvikariat Osnabrück

 

Das Interview im Wortlaut

Frau Dr. Engelhard, Sie sind Leiterin der Abteilung Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat Osnabrück.
Empfinden Sie sich als starke Frau?

Ich bin, glaube ich, keine Frau, die vor Selbstüberzeugtheit strotzt und auch keine, die überall mit mischen muss und auf allen Hochzeiten tanzen muss. Trotzdem würde ich schon sagen, dass ich auch eine Power habe, vielleicht eine etwas stillere Power. Ich kann auf unaufdringliche Weise sehr hartnäckig sein. Und ich habe Ausdauer, Zähigkeit und bin auch sehr belastbar. Manche Menschen sagen von mir, ich hätte Nerven wie Stahlseile.

Was ist ein Seelsorgeamt?

Ein Seelsorgeamt ist sozusagen eine zentrale Dienststelle eines Bistums für Fragen der Seelsorge. Wir arbeiten im Seelsorgeamt zusammen mit Haupt- und Ehrenamtlichen z.B. in den Kirchengemeinden aber auch in anderen Bereichen der Seelsorge. Unsere Aufgaben sind die Förderung und Planung der Seelsorge im Bistum (Osnabrück). Und dazu gehören fachliche Begleitung, Beratung und auch Aus–. und Fortbildung.

Wie sehen Sie heute das Geschlechterverhältnis in der katholischen Kirche?

Viele Frauen tragen die Arbeit z.B. in unseren Kirchengemeinden. Das Leben dort ist gar nicht denkbar ohne diese Arbeit vieler Frauen. Auch in verantwortlichen Aufgaben der Seelsorge oder der kirchlichen Bildungs- und Caritasarbeit .
Zunehmend sind Frauen auf der Leitungsebene anzutreffen.
Trotzdem beobachte ich auch, dass oft noch sehr männerzentriert gedacht und gehandelt wird in der Kirche.
Die Kirche braucht meines Erachtens Frauen, die Kirche prägend mitgestalten und auch öffentlich vertreten.
Frauen bringen z.B. eine andere Weise der Kommunikation mit und sie gehen auch mit Konflikten anders um. Das tut der Kirche gut. Gerade auch mit Blick auf die seelsorglichen Fragen brauchen wir Frauen, die in Kirche mit entscheiden, die zugleich aber auch die Lebenssituation heutiger Frauen kennen.
Es bleibt hier noch viel zu tun.

Was können Sie für andere Frauen tun, damit sie ähnliche Wege gehen können?

Zunächst versuche ich, durch mein eigenes Beispiel zu zeigen: Es geht.
Dann versuche ich, mit darauf zu achten, dass Frauen Familie und Beruf unter einen Hut bekommen können.
Im Generalvikariat haben wir dazu verschiedene Maßnahmen vereinbart innerhalb unseres Auditierungsverfahrens „Beruf und Familie“.

Wie bekommen Sie Beruf und Familie unter einen Hut?

Ich bin in der glücklichen Situation, dass mich mein Mann dabei sehr unterstützt. Wir haben uns abgewechselt, zunächst hatte ich den Part der Erziehungszeit, und dann hat dies mein Mann übernommen. Er macht sehr gute Erfahrungen damit, und wir wünschen eigentlich auch anderen Paaren diese guten Erfahrungen.

Ihr Lebensmotto?

Mir ist wichtig, im Leben authentisch zu sein, sich nicht zu verdrehen, in welcher Rolle man auch steckt, in dem, was man tut, mit Verstand und vor allem auch mit dem Herzen dabei zu sein, eben mit der ganzen Person.
Aus meinem christlichen Glauben heraus sind mir auch bestimmte Überzeugungen wichtig geworden, die mich in meinem Leben prägen. Wichtig ist mir z.B. ein Satz aus dem Neuen Testament, aus dem Johannisevangelium. Er lautet: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ - ein Wort von Jesus, und das bringt für mich zum Ausdruck: Es geht darum, dass Menschen sich entfalten können, dass sie wachsen können. Gott möchte solche Menschen, die wachsen und auch in ihrem Leben Fülle erleben können.

Was freut Sie besonders, und was können Sie überhaupt nicht leiden?

Ich habe sehr viel Freude im Zusammensein mit Kindern, natürlich mit den eigenen Kindern aber auch mit anderen Kindern. Darüber hinaus macht mir viel Freude, wenn ich erlebe, wie viele Menschen sich ehrenamtlich engagieren. Ich bewundere das oft, mit wie viel Kraft, Elan, Überzeugung und Fantasie Menschen sich engagieren, zum Beispiel im karitativen Bereich.

Ich kann nicht leiden, wenn Menschen kurzsichtig denken und entscheiden, wenn nicht auch mit Blick auf die zukünftigen Generationen gehandelt wird. Das gilt z.B. für den Umweltbereich aber auch für den kirchlichen Bereich in den anstehenden Veränderungsprozessen.
Es ist mir wichtig, dass wir fragen: „Was ist zu tun?, „ damit auch unsere Kinder und deren Kinder später noch gute Lebensbedingungen haben.

Wie verschafft sich Ihrer Meinung nach eine Frau Respekt?

Sicher zum einen durch fachliche Kompetenz, aber auch durch ein selbstsicheres Auftreten - das ist für Frauen schon sehr wichtig .
Dann kommt es darauf an, dass Frauen ihre Meinung sehr deutlich formulieren, wenn nötig auch wiederholt, so dass es auch die Männer nicht mehr überhören können.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonia Wohlfarth Steinert 2007